Quälende Unterforderung

Boreout

Stress am Arbeitsplatz kann nicht nur durch Überforderung entstehen: Wenn dauernde Unterforderung zu psychischer Belastung führt, spricht man von Boreout.

In Kürze
Stress durch Unterforderung
Langeweile und dauernde Unterforderung im Job können genauso wie dauernde Überforderung  gesundheitliche Folgen haben. Fehlt die Anerkennung und das Gefühl der Sinnhaftigkeit, führt das zur inneren Kündigung und in schlimmen Fällen zu Depressionen.
Situation erkennen
Von Boreout Betroffene haben oft hohe Ansprüche an sich selbst und fühlen sich gut, wenn sie etwas leisten und Anerkennung bekommen. Daher neigen sie häufig dazu, Ihren Zustand zu verstecken.
Wie gegensteuern?
Mit unserem Test finden Sie heraus, ob Sie eventuell schon auf dem Weg in Richtung Boreout sind. Möglicherweise ist es Zeit, die Situation zu ändern, damit Sie in Ihrer Arbeit wieder einen Sinn sehen. 
Wenn dauernde Unterforderung zu psychischer Belastung führt, spricht man von Boreout.
Gebremster Tatendrang
Wenn dauernde Unterforderung zu psychischer Belastung führt, spricht man von Boreout.
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen am Arbeitsplatz und verspüren starken Tatendrang. Aber es gibt kaum etwas zu tun, und Sie fühlen sich dauerhaft unterfordert: Stress am Arbeitsplatz kann nicht nur durch Überforderung entstehen und sich als Burn-Out manifestieren. Wenn dauernde Unterforderung zu psychischer Belastung führt, spricht man von Boreout.
Lähmende Unterforderung

Auf der einen Seite steht der Wunsch nach einer herausfordernden Tätigkeit, die Freude macht, Anerkennung bringt und das Selbstwertgefühl wachsen lässt. Auf der anderen Seite steht die Realität: Ein Arbeitsplatz, der vorwiegend eintönige Arbeiten erfordert, die Langeweile und Frustration aufkommen lassen. Oder schlimmer noch: Die Arbeit reicht nicht aus, um die Arbeitszeit auszufüllen. So entstehen Unterforderung, Langeweile und Desinteresse. Als Boreout haben die Autoren Philippe Rothlin und Peter R. Werder dieses Phänomen 2007 bezeichnet, das sie allerdings nicht wissenschaftlich beweisen können. Seitdem diskutiert die Fachwelt, ob es sich dabei um ein wirkliches Leiden oder ein Modeleiden handelt.

Unabhängig von der akademischen Diskussion gibt es Menschen, die einen prinzipiell interessanten Beruf haben, aber sich über Jahre unterfordert fühlen. Die Auswirkungen sind ernst: Mit der Zeit fühlen sich diese Menschen frustriert, ausgelaugt und antriebslos. Das kann dazu führen, dass der Betroffene das Vertrauen in seine Fähigkeiten und seinen Antrieb verliert und sich in einer ausweglosen Situation wiederfindet. Sogar eine Depression kann sich entwickeln.

Frustsignal
Boreout ist keine anerkannte Diagnose. Für Betroffene ist es trotzdem wichtig, ihren Zustand erkennen und benennen zu können – nur so können sie etwas dagegen unternehmen.
Wenn die Anerkennung fehlt

Boreout ist nicht einfach nur Langeweile am Arbeitsplatz, sondern eine Kombination aus drei Faktoren: Lustlosigkeit, Unterforderung und Desinteresse an der Arbeit. Dazu kommt, dass die Betroffenen ihren Zustand verstecken wollen. Dafür eignen sie sich typische Strategien an:

  • Bei der Dokumenten-Strategie surft der Arbeitnehmer privat im Internet, holt aber schnell ein wichtiges Dokument auf den Bildschirm, wenn der Vorgesetzte auftaucht.
  • Bei der Komprimierungsstrategie erledigt man eine Aufgabe möglichst schnell, tut aber so, als sei man lang damit beschäftigt.
  • Das Gegenteil der Komprimierungsstrategie ist die Flachwalzstrategie: Die Aufgabe wird so lang ausgedehnt, wie möglich.
  • Bei der Pseudeo-Burn-out-Strategie klagt der Betroffene über eine Überlastung, die tatsächlich nicht besteht.

Häufig haben Personen, die an Boreout leiden, hohe Ansprüche an sich selbst. Sie fühlen sich dann gut, wenn sie etwas leisten und Anerkennung bekommen. Durch diese Strategien aber bleibt am Ende eines Arbeitstages das gute Gefühl aus, etwas geleistet zu haben. Somit stabilisieren diese Strategien den bestehenden lähmenden Zustand.

Symptome
Betroffene klagen häufig über Tinnitus, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Schwindel, Schlafstörungen und Depressionen.

Warnsignale erkennen

Haben Sie den Verdacht, dass Sie von Boreout betroffen sind? Wenn Sie vier oder mehr der folgenden Warnzeichen an sich beobachten, befinden Sie sich eventuell schon auf den Weg in Richtung Boreout:

  • Erledigen Sie während der Arbeitszeit private Aufgaben?
  • Fordert Ihre Arbeit Sie nicht ausreichend oder fühlen Sie sich von Ihrer Arbeit gelangweilt?
  • Wirken Sie immer beschäftigt, auch wenn Sie eigentlich nicht arbeiten?
  • Fühlen Sie sich abends müde und ausgelaugt, obwohl Sie gar nicht so viel Arbeit hatten?
  • Macht Ihre Arbeit sie unglücklich?
  • Fehlt Ihnen in Ihrer Arbeit eine tiefere Bedeutung?
  • Könnten Sie Ihre Arbeit in kürzerer Zeit erledigen?
  • Würden Sie sich auf der einen Seite gern beruflich verändern, scheuen sich aber davor weil Sie dann zu wenig verdienen würden?
  • Schreiben Sie während der Arbeitszeit private Mails an Kollegen?
  • Haben Sie an Ihrer Arbeit nur wenig oder kein Interesse?
Wege aus der Krise

Wenn Sie den Eindruck haben, an Boreout zu leiden, sollten Sie sich zunächst klar machen, womit Sie ihre Arbeitszeit verbringen. Dokumentieren Sie, wieviel Sie tatsächlich arbeiten, was Ihnen wirklich Freude macht, und was Sie sehr langweilt.

Im zweiten Schritt sollten Sie versuchen, die Situation zu ändern: Suchen Sie das Gespräch mit ihrem Vorgesetzten und erklären Sie, dass Sie mehr können und sich über neue Aufgaben freuen würden. Vorschläge für Änderungen sind bei einem solchen Gespräch sehr hilfreich.

Wenn Sie sich nicht mehr vorstellen können, ihre Arbeit weiter zu machen, ist es Zeit für eine berufliche Veränderung, vielleicht auch innerhalb der Firma. Eine Fortbildung in einem interessanten Fachgebiet kann Ihnen dabei helfen.

Insgesamt ist es wichtig für Sie, dass Sie in ihrer Arbeit einen Sinn sehen und dass Ihnen die Arbeit Freude macht.

Privat gegensteuern
Auch im privaten Bereich können sie etwas tun: suchen Sie sich ein Hobby, dass Sie stark fordert und ihnen das Gefühl vermittelt, etwas zu leisten.

Bild: Minerva Studio/Adobe Stock