Gut sehen auch ohne Brille

Kontaktlinsen

Für viele sind Kontaktlinsen die ideale Alternative zur Brille. Doch die unscheinbaren Haftschalen bergen bei sorglosem Umgang ernsthafte gesundheitliche Risiken.

In Kürze
Lange Entwicklung
Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Kontaktlinsen entwickelt. Linsen, die sich bequem auch für längere  Zeit tragen lassen, gibt es erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Harte oder weiche Linse?
Unterschiedliche Linsentypen haben spezifische Vor- und Nachteile. Welche Variante die beste ist, hängt von individuellen Voraussetzungen ab.
Teurer Spaß?
Während private Krankenversicherungen medizinisch notwendige Kontaktlinsen komplett bezahlen, gibt es bei gesetzlichen Versicherungen nur in bestimmten Fällen einen Zuschuss.
Risiken
Schlechte Linsenhygiene und zu lange Tragedauer können Infektionen und andere Augenschäden verursachen. Eine Hornhautentzündung kann Ihr Augenlicht gefährden.
Besser als Brille?
Brillen als Sehhilfe sind nicht jedermanns Sache. Sie beschlagen, verstauben und werden von manchen Betroffenen un­äs­the­tisch empfunden. Außerdem können auch Sportbrillen bei dynamischen Sportarten wie Fußball oder Kampfsport kaputt gehen und die Augen verletzen. Für etwa 3,4 Millionen Deutsche sind Kontaktlinsen die ideale Alternative zur Brille. Doch die unscheinbaren Haftschalen bergen bei sorglosem Umgang ernsthafte gesundheitliche Risiken.
Fortschritt für mehr Durchblick

In den 1880er-Jahren kamen drei Augenärzte unabhängig voneinander auf die Idee, gläserne Korrekturlinsen direkt auf der Augenoberfläche zu tragen: Arthur Eugen Fick in der Schweiz, Eugene Kalt in Frankreich und August Müller in Deutschland. Sie gelten als die Urväter der Kontaktlinse. Ihre Schöpfungen setzten sich aber nicht durch, da sie fast den gesamten Augapfel bedeckten und nicht länger als eine halbe Stunde zu ertragen waren.

1936 gelang es dem New Yorker Optiker William Feinbloom, Haftschalen aus Plexiglas herzustellen. Diese bedeckten wie die gläsernen Vorgänger weiterhin fast das gesamte Auge. 1947 entwickelte der Kieler Maschinenkonstrukteur Heinrich Wöhlk die erste kleine „harte“ Kontaktlinse aus Plexiglas, die nur noch die Iris bedeckte und sich mehrere Stunden tragen ließ.

Im Jahr 1959 erfand der tschechische Chemiker Otto Wichterleden Kunststoff für die ersten „weichen“ Kontaktlinsen. Über die Jahre folgten weitere Materialentwicklungen, die noch dünnere, angenehmer zu tragenden und ab 1976 auch sauerstoffdurchlässige Kontaktlinsen ermöglichten.

Hart oder weich?

Formstabile Kontaktlinsen

Die „harten“ Haftschalen sind auch bekannt unter dem Namen RPG-Kontaktlinsen. Das Kürzel steht für rigid gas permeable – also formstabil und gasdurchlässig. Sie sind zwar deutlich teurer als weiche Kontaktlinsen, dafür bei guter Pflege zwei bis drei Jahre haltbar.

Vorteile: 

  • gut sauerstoffdurchlässig
  • schwimmt auf dem Tränenfilm
  • natürliche Versorgung der Hornhaut mit Tränenflüssigkeit gewährleistet
  • Linsen können nicht austrocknen
  • lassen sich bis zu 12 Stunden am Tag tragen

Nachteile: 

  • Anpassung kann drei bis sechs Wochen dauern
  • können beim Sport leicht herausfallen
  • ins Auge gewehte Partikel (Staub, Pollen, Ruß etc.) können zwischen Hornhaut und Linse gelangen und das Auge reizen
  • Umgang mit dem Linsensauger erfordert Fingerspitzengefühl

Weiche Kontaktlinsen

Weiche Kontaktlinsen liegen direkt auf der Hornhaut auf und sind im Durchmesser etwas größer als harte Haftschalen. Konventionelle Kontaktlinsen aus Hydrogel lassen vergleichsweise wenig Sauerstoff durch. Moderne weiche Linsen aus Silikonhydrogel sind dagegen sehr gut sauerstoffdurchlässig, aber etwas steifer.

Vorteile: 

  • angenehmer zu tragen als harte Linsen
  • fallen beim Sport selten heraus, ausgenommen beim Schwimmen
  • kurze Eingewöhnungszeit
  • als Tages-, Wochen-, Monats- und Ein-Jahres-Linsen verfügbar.

Nachteile: 

  • trocknen bei falscher Lagerung aus
  • unterbinden die natürliche Versorgung der Hornhaut mit Tränenflüssigkeit
  • deutlich erhöhtes Risiko für Hornhautinfektionen gegenüber harten Kontaktlinsen

Nachtlinsen

Hierbei handelt es sich um spezielle formstabile Kontaktlinsen, die über Nacht eingesetzt werden. Sie verformen die Hornhaut und können so vorübergehend verschiedene Formen der Fehlsichtigkeit korrigieren. Für ein optimales Ergebnis müssen die Nachtlinsen jede Nacht sechs bis acht Stunden getragen werden.

Vorteile: 

  • gut sauerstoffdurchlässig
  • schwimmt auf dem Tränenfilm
  • natürliche Versorgung der Hornhaut mit Tränenflüssigkeit gewährleistet
  • Linsen können nicht austrocknen
  • lassen sich bis zu 12 Stunden am Tag tragen

Nachteile: 

  • schlechteres Kontrastsehen bei Dämmerung und Dunkelheit
  • erhöhte Blendempfindlichkeit

Hybridkontaktlinsen

Sie vereinen den Tragekomfort weicher und die optische Präzision formstabiler Linsen. Ihr Zentrum schwimmt auf der Tränenflüssigkeit, der weiche Außenbereich schmiegt sich an die Hornhaut. Die Linsen sind insbesondere für Patienten mit Keratokonus gedacht, einer krankhaften voranschreitenden Verformung der Hornhaut des Auges.

Mehrstärkenlinsen

Gewöhnliche formstabile und weiche Kontaktlinse können entweder Kurz- oder Weitsicht und im Falle torischer Linsen zusätzlich Stabsichtigkeit (Astigmatismus) korrigieren.

Wer jedoch an Alters- und Kurzsichtigkeit leidet, benötigt in der Regel eine Sehhilfe für den Nah- und Fernbereich. Mehrstärkenlinsen – auch Multifokallinsen genannt – gibt es in über 40 Varianten, weich oder formstabil. Das Gegenstück zur Gleitsichtbrille ist beispielsweise die formstabile Bifokallinse: Beim Blick nach vorne, sieht der Träger die Ferne scharf. Blickt er nach unten, so schiebt das untere Augenlid die Linse leicht nach oben und die Nähe erscheint scharf.

Effektlinsen

Hierbei handelt es sich meist um Kontaktlinsen, die primär das Erscheinungsbild der Augen verändern sollen. Nur die wenigsten Effektlinsen bewirken zudem eine optische Korrektur. Es gibt UV-Linsen, die unter Schwarzlicht farbig leuchten. Motivlinsen verleihen dem Träger die Augen eines bestimmten Tiers oder Fantasiewesens. Dezente farbige Kontaktlinsen verleihen die gewünschte Augenfarbe.

Zusätzlicher Nachteil gegenüber normalen Linsen: Meist geringe Sauerstoffdurchlässigkeit. Bei schlechter Qualität können sich zudem Farbpartikel ablösen und das Auge reizen.

Zuschuss möglich

Bei medizinischer Notwendigkeit übernimmt die private Krankenversicherung abhängig vom Tarif bis zu 100 Prozent der Kosten für Kontaktlinsen.

Die gesetzliche Krankenversicherung bezahlt Kontaktlinsen nur bis zur Höhe eines Festbetrags, und das auch nur in medizinisch zwingend erforderlichen und fachärztlich bescheinigten Ausnahmefällen. Hierzu zählen:

  • Kurzsichtigkeit (Myopie) ab -8,0 Dioptrien
  • Weitsichtigkeit (Hyperopie) ab +8,0 Dioptrien
  • ungleiche Brechkraft an beiden Augen (Anisometropie) mit mindestens 2,0 Dioptrien Unterschied
  • kegelförmige Verformung der Hornhaut des Auges (Keratokonus)
  • irregulärer Astigmatismus, wobei die Kontaktlinsen gegenüber der Brille die Sehkraft mindestens um 20 Prozent verbessern müssen

Krankenkassen bezuschussen Kontaktlinsen in der Regel aber auch, wenn sich die Sehkraft gegenüber der optimalsten Brille um 50 Prozent verbessert.

Ausnahme: Für Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr übernimmt die Krankenkasse die Kosten für Kontaktlinsen – vorausgesetzt, diese wurden vom Augenarzt verordnet.

Die Krankenkassen übernehmen aber in keinem Fall die Kosten für Reinigungs- und Pflegemittel. Ebenfalls ausgeschlossen sind Tageslinsen, besondere Linsen für trockene Augen und dergleichen. Weiche Kontaktlinsen werden nur bezuschusst, wenn der Versicherte formstabile Haftschalen nicht verträgt.

Sinnvolle Zusatzversicherung: Krankenkassen zahlen nur einen festen Betrag für Sehhilfen. Dieser deckt längst nicht die Kosten für hochwertige Brillengläser oder Kontaktlinsen. Eine private Zu­satz­ver­si­che­rung sichert Sie optimal ab.

Augenschäden möglich

Nach Erkenntnissen des Berufsverbands der Augenärzte bergen weiche Kontaktlinsen deutlich höhere Risiken als formstabile Kontaktlinsen. 97 Prozent der Augenkomplikationen bei Kontaktlinsenträgern stehen in Verbindung mit weichen Kontaktlinsen, obwohl deren Marktanteil „nur“ zwischen 80 und 90 Prozent liegt.

Die schwerwiegendsten Komplikationen sind Infektionen. Auf schlecht gereinigten Kontaktlinsen können sich Mikroorganismen (Amöben, Bakterien, Pilze, Viren) anheften und vermehren. Dringen die Keime in die Hornhaut ein, so droht eine gefährliche Hornhautentzündung (Keratitis), die unbehandelt das Sehvermögen dauerhaft einschränken kann – bis hin zur Erblindung des betroffenen Auges. Ist „nur“ die Bindehaut betroffen, spricht der Arzt von eine Konjunktivitis.

Aber auch bei vorbildlicher Linsenhygiene können weiche Kontaktlinsen die Hornhaut langfristig schädigen. Im Gegensatz zu formstabilen Linsen liegen weiche liegen direkt auf der Hornhaut und bedecken eine größere Fläche. Dadurch werden die Hornhautzellen nicht mehr ausreichend von der Tränenflüssigkeit mit Nährstoffen versorgt und Stoffwechselprodukte werden nicht abtransportiert. Bei langer Tragezeit schwillt die Hornhaut an, übersäuert, und Hornhautzellen können absterben. Je nach individueller Empfindlichkeit drohen bleibende Hornhautschäden und Gefäßeinwachsungen.

Als seltene Komplikation bei Trägern weicher und formstabiler Linsen gleichermaßen kommen allergische Reaktionen auf die Kontaktlinse und Pflegemittel vor.

Eine Hornhautentzündung kann Ihr Augenlicht gefährden. Je früher sie erkannt und behandelt wird, umso besser die Prognose.

Bei gleichzeitig diesen Symptomen sollten Sie zeitnah zum Augenarzt:

  • Lichtempfindlichkeit, Augenschmerzen, tränende oder trockene Augen.
  • Haben Sie zudem ein Fremdkörpergefühl im Auge? Oder ist Ihr Sehvermögen bereits vermindert und die Hornhaut getrübt? Dann sollten Sie direkt eine Augenambulanz aufsuchen.
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