Unser Geruchs- und Geschmackssinn

Riechen und Schmecken

Wahrnehmungen über den Geruchs- und Geschmackssinn lösen Emotionen aus und beeinflussen so unbewusst unser Verhalten. Die beiden Sinne arbeiten dabei eng zusammen. 

In Kürze
Einfluss auf unser Verhalten
Die olfaktorische Wahrnehmung (Riechen) und die gustatorische Wahrnehmung (Schmecken) haben großen Einfluss auf unser Verhalten. Partner werden beispielsweise unbewusst nach dem Körpergeruch ausgewählt.
Kindheitserinnerungen werden wach
Gerüche wecken Emotionen und Erinnerungen, denn sie werden vom Gehirn mit anderen Eindrücken zum Beispiel an Orte oder konkrete Erlebnisse gespeichert.
Geruchs- oder Geschmacksstörungen
Virale Infekte der oberen Atemwege, Allergien oder Entzündungen  der Nasen-, Rachen- und Mundschleimhaut können den Geruchs- oder Geschmacksinn vorübergehend beeinträchtigen. Der Geruchssinn schwindet auch mit zunehmenden Alter.
Geruchs- und Geschmackssinn sind entwicklungsgeschichtlich die ältesten Sinne und beeinflussen unser Verhalten.
Riechen und Schmecken beeinflussen unser Verhalten
Geruchs- und Geschmackssinn sind entwicklungsgeschichtlich die ältesten Sinne und beeinflussen unser Verhalten.
Geruchs- und Geschmackssinn entfachen Emotionen wie Genuss, Sehnsucht und Ekel. Sie sind entwicklungsgeschichtlich die ältesten Sinne und beeinflussen das menschliche Verhalten weitaus stärker, als uns bewusst ist. Erfahren Sie mehr über die beiden nah verwandten Sinne.
Flüchtige Substanzen erkennen

Beim Riechen nehmen wir flüchtige Substanzen in der Luft wahr. Diese atmen wir entweder direkt ein, oder sie entstehen beim Kauen und schweben über den Rachen in unsere Nasenhöhle.

Tief im Innern der Nasenhöhle zwischen den Augen sitzt das Riechsinnesorgan. Es besteht aus zwei etwa fünf Quadratzentimeter großen Flecken Riechschleimhaut. In diesen sitzen Millionen von Geruchssinneszellen, die auf ihrer Oberfläche Geruchsrezeptoren eines bestimmten Typs tragen. Bei Kontakt mit bestimmten Molekülen (z. B. Kampfer) oder Elementen (z. B. Chlor) erzeugt die Geruchssinneszelle charakteristische Signale.

Diese Signale leitet die Geruchssinneszelle über ihren Nervenzellfortsatz direkt ins Gehirn. Die „Empfangsstelle“ in der Großhirnrinde heißt passenderweise Riechkolben.

Beim Menschen sind über 350 verschiedene Typen von Geruchsrezeptoren bekannt, die auf zahlreiche Duftstoffe unterschiedlich stark reagieren. So kann der Mensch eine noch unbekannte Zahl an unterschiedlichen Einzelgerüchen und Duftmischungen unterscheiden.

Mit Emotionen und Erinnerungen verknüpft

Gerüche sind die Sinneseindrücke, die auf dem direktesten Weg in der Großhirnrinde landen. Entsprechend stark ist die Geruchswahrnehmung auch mit Emotionen und Erinnerungen verknüpft.

Beispielsweise empfinden wir Gerüche verdorbener Nahrungsmittel als ekelerregend, Kaffeegeruch als anregend, ätherische Öle als erfrischend und Blumenduft als angenehm. Intensive Geruchsstoffe wie das Stinktiersekret können sogar Übelkeit erregen.

Rauchgase und andere stark reizende Substanzen (Chlor, Eisessig etc.) versetzen uns in Alarmbereitschaft, da sie zusätzlich Schmerzrezeptoren reizen.

Wie wir Gerüche bewerten, hängt auch mit kulturellen und unmittelbaren Erfahrungen zusammen. Die negative Bewertung von Fäkalgerüchen und intensiven Körpergerüchen ist anerzogen. Wer sich nach dem Genuss einer charakteristisch riechenden Speise den Magen verdirbt, für den ist dieser Geruch auf Jahre mit Übelkeit verbunden.

Erinnerungen an Gerüche speichert das Gehirn in Verbindung mit anderen Eindrücken, zum Beispiel an Orte oder konkrete Erlebnisse. So können bestimmte Düfte Kindheitserinnerungen wecken.

Training für die Nase
Der Geruchssinn lässt sich so trainieren, dass Sie verschiedene Duftstoffmischungen identifizieren können – beispielsweise in Wein oder Parfüms.

Attraktiv oder nicht?
Bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass Frauen ihren Sexualpartner unbewusst auch nach dessen Körpergeruch auswählen. Der individuelle Körpergeruch ist unter anderem ein Produkt bestimmter Gene des Immunsystems. Empfängnisbereite Frauen empfinden Körpergerüche als attraktiv, die ihnen genetisch am wenigsten ähneln. Schwangere und Frauen, die mit Hormonen verhüten, bevorzugen dagegen Körpergerüche von genetisch verwandten Menschen.
Verschiedene Geschmacksrichtungen unterscheiden

Sobald wir etwas trinken oder kauen, treten die Geschmacksknospen in Mund und Rachen in Aktion. Je nach Typ reagieren sie auf eine der folgenden Geschmacksqualitäten:

  • süß: Traubenzucker, Haushaltszucker, diverse Süßstoffe
  • sauer: organische Säuren (Essigsäure, Zitronensäure, Weinsäure), saure Lösungen
  • salzig: Kochsalz, bestimmte Mineralsalze
  • bitter: Koffein, Chininsulfat, Nikotin und viele andere Bitterstoffe
  • eiweißreich, umami (jap. lecker): Glutaminsäure (Glutamat), Asparaginsäure
  • fetthaltig: Linolensäure (ungesättigte Fettsäure in Maiskeimöl, Traubenkernöl, Distelöl, Sonnenblumenöl etc.)

Darüber hinaus diskutieren Wissenschaftler noch weitere Geschmacksqualitäten wie metallisch und alkalisch (seifig).

Die Anzahl der Geschmacksknospen sinkt mit zunehmendem Alter. Bei Jugendlichen und Erwachsenen befinden sich diese fast ausschließlich auf Zunge, Gaumensegel, Nasenrachen, Kehlkopf und oberer Teil der Speiseröhre. Säuglinge und Kleinkinder besitzen dagegen auch Geschmacksknospen in den Schleimhäuten ihrer Lippen, Wangen und des Gaumens.

Schärfe ist Schmerz
Scharf gewürzte Speisen enthalten Capsaicin. Das Alkaloid reizt Hitzerezeptoren und löst so Hitzeempfinden und Schmerz aus. Die Haut wird stärker durchblutet, um die gefühlte Wärme abzuleiten. Gegenmittel: Haut kühlen bzw. ein Eis essen.

Geruch und Geschmack entscheiden mit

Essen und Trinken animiert fast alle Sinne. Sie sehen und riechen die Kost, fühlen ihre Beschaffenheit mit den Lippen und der Zunge, hören das Geräusch beim Hineinbeißen. Dazu schmecken Sie die Geschmacksqualitäten und riechen die Aromen, die beim Kauen freiwerden.

Über den Geruchssinn identifiziert das Gehirn Aromen vertrauter Lebensmittel und beurteilt die Genießbarkeit anhand bisheriger Erfahrungen. Die Geschmacksqualität entscheidet jedoch, ob das Nahrungsmittel grundsätzlich als genießbar und nahrhaft bewertet wird.

Süßes verheißt reife Früchte mit schnell verfügbarer Energie. Umami-Geschmack verspricht wertvolle Eiweiße. Salziges deutet auf Mineralstoffe hin. Saures signalisiert, dass eine Frucht entweder unreif oder bereits vergoren ist. Bitteres assoziiert das Gehirn mit Gift. Schließlich produzierten Pflanzen schon lange vor der Evolution des Menschen bitter schmeckende Giftstoffe, um Fressfeinde abzuwehren.

Babys und Kinder besitzen doppelt so viele Geschmacksknospen wie Erwachsene und reagieren besonders empfindlich auf Bitterstoffe. Sie meiden daher bittere Lebensmittel wie Brokkoli, Chicorée, Fenchel, Olive, Rosenkohl, Spargel, Spinat oder Grapefruit.

Die Empfindlichkeit gegenüber sauren und bitteren Lebensmitteln kann auch während einer Schwangerschaft zunehmen. Dies war in der Evolution durchaus ein Vorteil, da die werdende Mutter so unreife und verdorbene Kost mied.

Es gibt auch eine Minderheit sogenannter Superschmecker, die auf Bitteres und andere Geschmacksqualitäten deutlich empfindlicher reagieren als der Durchschnitt. So kann die Aversion gegen bestimmte bitter schmeckende Lebensmittel auch im Erwachsenenalter weiterbestehen.

Wunderbeere
Die afrikanische Wunderbeere enthält den Wirkstoff Miraculin, der die Wahrnehmung für „sauer“ verändert. Saure Säfte und Früchte schmecken dadurch extrem süß. Wunderbeeren und ihre Extrakte sind in Europa aber noch nicht zugelassen.

Geruch und Geschmack entscheiden mit

Die häufigsten Ursachen für vorübergehende Geruchs- (Dysosmie) oder Geschmacksstörungen (Dysgeusie) sind virale Infekte der oberen Atemwege. Ebenso können allergische und andere nicht-infektiöse Entzündungen der Nasen-, Rachen- und Mundschleimhaut diese Sinne vorübergehend beeinträchtigen.

Einflüsse wie Hitze, Reizgase, Tabakrauch, Medikamente, Strahlentherapie oder Krankheitserreger können die Riechsinneszellen oder Geschmacksknospen schädigen. Regenerieren sich die Schleimhäute wieder, erholt sich in der Regel auch der Sinn binnen mehrerer Tage wieder.

Jedoch kann eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) binnen weniger Jahre den Geruchssinn zerstören.

Menschen mit Nasenpolypen oder verkrümmter Nasenscheidewand leiden häufig auch unter einer gestörten Geruchswahrnehmung. In solchen Fällen kann nur ein chirurgischer Eingriff helfen.

Eine anhaltende Geruchsstörung kann das Symptom einer Schädel-Hirn-Verletzung oder einer ernsthaften Erkrankung sein. Mögliche Kandidaten für letztere sind: Diabetes mellitus, Depression, Hirnhautentzündung (Meningitis), Alzheimer, Morbus Parkinson und Hirntumor.

Anhaltende Geschmacksstörungen können ebenfalls von einer Schädel-Hirn-Verletzung oder schweren Erkrankungen herrühren. Infrage kommen unter anderem: Diabetes mellitus, Leber- und Nierenerkrankungen, Alkoholismus, Vitamin-B12-Mangel, Alzheimer, Multiple Sklerose, bestimmte Formen der Epilepsie und Hirntumor.

Mit zunehmenden Alter schwindet der Geruchssinn. Schätzungsweise jeder vierte Über-50-Jährige hat nur noch einen schwache Geruchswahrnehmung (Hyposmie) und jeder dritte Über-70-Jährige riecht gar nichts mehr (Anosmie).

Aufgrund der vielfältigen Ursachen sollten Sie bei Geruchs- oder Geschmacksstörungen Ihren Hausarzt oder HNO-Arzt konsultieren und die möglichen Ursachen abklären lassen.

Bilder: Titelbild - g-stockstudio/Shutterstock; Tipps gegen Mundgeruch - Gina Sanders/Adobe Stock