Nächtliche Wanderungen

Schlafwandeln

Schlafwandler können sich bei ihren unbewussten Ausflügen ernsthaft verletzen – und Schlafstörungen können Anzeichen einer Erkrankung sein.

In Kürze
Gestörte Nachtruhe
Schlafwandeln ist eine sogenannte Aufwachstörung, bei der nur Teile des Gehirns erwachen. Die Betroffenen zeigen merkwürdige Verhaltensweisen wie Reden im Schlaf, Herumgehen oder Fensteröffnen.
Nicht aufwecken!
Schlafwandler reagieren oft aggressiv, wenn sie aus dem Schlaf gerissen werden. Daher sollten Sie eine schlafwandelnde Person nur mit ihrem Namen ansprechen und ruhig ins Bett zurückführen.
Grundsätzlich harmlos
Generell gilt Schlafwandeln als harmlos. Jedoch können Antidepressiva, eine Epilepsie, Demenz oder ein Hirntumor ähnliches Verhalten auslösen.
Schlafstörungen können Anzeichen einer ernsthaften Erkrankung sein.
Unterschätzte Gefahren
Schlafstörungen können Anzeichen einer ernsthaften Erkrankung sein.
Wohl jeder kennt das Motiv des Schlafwandlers, der im Nachthemd über Dächer schlurft und ohne zu straucheln wieder in sein Bett findet. Weniger witzig ist die Tatsache, dass sich Betroffene bei ihren unbewussten Ausflügen ernsthaft verletzen können, und dass sich manchmal eine ernsthafte Erkrankung hinter der Schlafstörung verbirgt.
Mobil im Halbschlaf

Schlafwandeln (Somnambulismus) zählt zu den sogenannten Aufwachstörungen, bei denen das Gehirn aus noch ungeklärten Gründen nur teilweise erwacht. Im Falle des Schlafwandelns dauert dieser Zwischenzustand nur einige Minuten und tritt in der Regel im ersten Schlafdrittel auf.

Bei leichter Ausprägung setzen sich die Betroffenen nur kurz im Bett auf oder reden im Schlaf. In ausgeprägten Fällen stehen Schlafwandler auf, gehen umher und zeigen teils merkwürdige Verhaltensweisen: Sie ziehen Kleidungsstücke an, öffnen Türen oder Fenster. Allen Betroffenen ist jedoch gemein: Sie reagieren kaum auf äußere Reize und ihr Gesichtsausdruck wirkt starr und leer. Die Augen sind dabei meist geöffnet.

Typischerweise erinnern sich Schlafwandler nicht an ihre Ausflüge.

Häufig bei Kindern ist die Nachtangst (Pavor nocturnus), bei der das Kind im Schlaf aufschreckt und verängstigt wirkt, ohne wach zu sein. Nach etwa 15 Minuten wacht es richtig auf und schläft wieder ein – ohne sich zu erinnern.

Legt sich mit dem Alter
Die Deutsche Gesellschaft für Schlafmedizin schätzt, dass etwa 15 bis 30 Prozent der Menschen in ihrer Kindheit zumindest einmal schlafwandeln. Nur drei bis vier von 100 Kindern schlafwandeln häufig. Ab dem zehnten Lebensjahr beginnt sich diese Schlafstörung zu legen. Entsprechend schlafwandelt nur einer von 100 Erwachsenen.
Veranlagung und äußere Einflüsse

Schlafwandeln tritt überwiegend im Kindesalter auf. Daher erklären sich Schlafmediziner das Phänomen mit Fehlschaltungen im noch unausgereiften Gehirn. Diese führen dazu, dass Teile des Gehirns während des normalen Schlafs (Non-REM-Schlafphase 2) oder des Tiefschlafs (Non-REM-Schlafphase 3) aufwachen und unbewusst Bewegungsprogramme ausführen. Während des Traumschlafs (REM-Schlafphase) gibt es dagegen kein Schlafwandeln.

Alle Einflüsse, die den Schlaf vertiefen, können auch Schlafwandel-Episoden auslösen – unter anderem Schlafentzug, übermäßiger Alkoholgenuss, Fieber und schlafvertiefende Medikamente. Des Weiteren können auch Stress (Schul- oder Bürostress, familiäre Probleme etc.), Hunger, eine gefüllte Blase und nächtlicher Lärm Schlafwandel-Episoden begünstigen.

Außerdem gilt eine genetische Veranlagung als gesichert, da die Aufwachstörung bei Kindern von Schlafwandlern gehäuft auftritt.

Ganz vorsichtig
Manche Betroffene können sehr aggressiv reagieren, wenn sie abrupt aus dem Schlaf gerissen werden. Wecken Sie daher eine schlafwandelnde Person nur im Notfall auf. Reden Sie den Schlafwandler stattdessen ruhig mit dessen Namen an und führen ihn wieder zurück ins Bett. In der Regel folgt die betroffene Person und legt sich wieder schlafen.
Schlafhygiene und sicheres Umfeld

Gegen echtes Schlafwandeln gibt es keine spezifische medizinische Behandlung. Meiden Sie daher typische Schlafwandel-Auslöser wie Schlafmangel und Alkohol und sorgen Sie für einen gesunden Schlaf.

Für Kinder ist insbesondere ein stabiler Schlaf-Wach-Rhythmus wichtig. Diesen erreichen Sie unter anderem durch regelmäßige Schlafenszeit, kein Fernsehen oder Computerspielen kurz vor dem Schlafen und Einschlafrituale wie Vorlesen.

Sorgen Sie zudem für ein sicheres Umfeld, sodass sich die schlafwandelnde Person in Ihren vier Wänden nicht ernsthaft verletzen kann:

  • Räumen Sie Gegenstände wie Werkzeug, Gläser oder zerbrechliches Spielzeug auf, an denen sich eine schlafwandelnde Person verletzen könnte.
  • Sichern Sie scharfe Kanten an Möbeln ab und beseitigen Sie Stolperfallen (Bügelbrett, Staubsauger etc.) im Schlafzimmer.
  • Verriegeln Sie Fenster und Türen, die nach draußen oder in gefährliche Räume führen.

Eltern können zudem einen Alarm installieren, der Sie aufweckt, sobald das Kind nachts durch seine Schlafzimmertür wandelt.

Nicht auf die leichte Schulter nehmen

Was wie Schlafwandeln aussieht, kann auch andere Ursachen haben:

  • unerwünschte Wirkung von Antidepressiva
  • bestimmte Epilepsie-Formen, die überwiegend nachts auftreten
  • Schenck-Syndrom: Diese REM-Schlafverhaltensstörung, die im Gegensatz zum Schlafwandeln in der Traumphase auftritt. Hierbei träumt der Betroffene, dass er bedroht wird und sich wehrt. Dementsprechend boxt und tritt er um sich und gibt untypische Laute von sich. Im Gegensatz zum Schlafwandler erinnert sich der Betroffene an das Traumgeschehen. Das Schenck-Syndrom kann ein frühes Symptom einer Parkinson- oder Demenz-Erkrankung sein.
  • Verwirrtheitszustände infolge einer Demenz-Erkrankung
  • Hirntumor

Arzt aufsuchen?

Lassen Sie ernsthafte Ursachen ausschließen, wenn Sie als Er­wachsener plötzlich im Schlaf wandeln. Bei Kindern ist es meist harmlos. Gehen Sie zum Kin­der­arzt, falls Ihr Kind häufig schlaf­wandelt, sich gefährdet, tags mü­de ist oder den Schlaf anderer beeinträchtigt.

Bilder: Schlafwandeln - Photographee.eu/Shutterstock; Richtig entspannen - GettyImages