Fleisch war lange Zeit Luxus und wurde im Vergleich zu heute oft in kleineren Mengen eher als Geschmacksträger denn als Hauptzutat eingesetzt. Dabei war es war es selbstverständlich, so viele essbare Teile eines Tieres wie möglich zu verwerten.
Im Deutschland der Nachkriegszeit ließ die „Fresswelle“ die Fleischportionen deutlich wachsen. Aber selbst wenn in den 1960er Jahren der Trend zu höherwertigen Lebensmitteln einsetzte, waren Blutwurst, Kuttelsuppe oder Rindszunge noch lange nicht wegzudenken. Wenige Jahrzehnte später sah es anders aus: Schnitzel und Braten standen nach wie vor nahezu täglich auf dem Speisezettel – Innereien hingegen waren von den Tellern und aus den Auslagen der Metzgereien verschwunden. Das lag zum einen daran, dass diese Fleischstücke für viele „eklig“ waren, zum anderen, dass die wenigsten die aufwendigere Zubereitung auf sich nehmen wollten.
Die Wende brachte erst der Trend zu mehr Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren. Neben dem Ansatz, Fleisch grundsätzlich seltener und in kleineren Mengen zu essen, feierte die kulinarische Verwertung des ganzen Tieres ein Revival. Der „Nose to Tail“-Ansatz profitierte davon, dass schon Küchenstars wie Paul Bocuse alte Rezepte neu interpretierten. Nun experimentierte eine neue Generation von Köchen wie Lucki Maurer mit den lange verpönten Zutaten und entwickelten daraus neue Gerichte – oft inspiriert von den Küchen fremder Länder. Ob internationale Fusion- und Crossover-Küche oder fast vergessene heimische Traditionen: „Nose to tail“ sorgt nicht nur für weniger Lebensmittelverschwendung, sondern kann auch eine Entdeckungsreise in neue kulinarische Welten sein.