Quälerei mit Langzeitwirkung

Mobbing bei Kindern

Mobbing unter Kindern und Jugendlichen hat dramatische Folgen. Wer sein Kind schützen will, sollte genau hinschauen und überlegt handeln: Mehr zu Ursachen, Hinweisen und Gegenmaßnahmen.

In Kürze
Massenphänomen
Von Mobbing betroffen sind rund zehn Prozent der Schüler, viele Opfer leiden über Jahre. Die Folgen von Mobbing im Netz und im realen Leben können dramatisch sein.
Macht und Ohnmacht
Mobbing verschafft dem Täter eine Machtposition. Wer zum Opfer wird, bestimmt häufig der Zufall. Kinder werden gemobbt, weil sie neu in der Klasse, dick, dünn oder schüchtern sind.
Warnsignale erkennen
Mobbingopfer können sich in der Regel nicht selbst helfen und brauchen Unterstützung von Erwachsenen. Deshalb ist es für Eltern wichtig, auf Warnsignale zu achten. 
Effektive Hilfe
Hat sich der Verdacht auf Mobbing bestätigt, sollten Eltern ihr Kind unterstützen. Wichtig ist, gemeinsam zu planen und nichts über den Kopf des Kindes hinweg zu unternehmen.
Genau hinschauen
Wenn montags die Schulwoche beginnt, haben viele Kinder und Jugendliche Angst. Der Grund: Sie werden von anderen ausgegrenzt, gedemütigt oder gequält. Oft hat Mobbing dramatische Folgen. Wer sein Kind schützen will, sollte genau hinschauen und überlegt handeln.
Täter, Opfer, Mitläufer

Meist passiert es in der Schule, und viele Opfer leiden über Jahre. Sie stecken Schläge oder Beschimpfungen ein, Sachen verschwinden oder böse Gerüchte machen die Runde. Mobbing hat es vermutlich schon immer gegeben. Verhältnismäßig neu ist der Begriff. Abgeleitet vom englischen to mob (anpöbeln, fertigmachen) wird er von Psychologen für das systematische Schikanieren und Ausgrenzen einer Person verwendet.

Von Mobbing betroffen sind rund zehn Prozent der Schüler. Das ergab die von der Weltgesundheitsorganisation WHO durchgeführte Kinder- und Jugendgesundheitsstudie HBSC in den Jahren 2009/2010. Um zu verhindern, dass der eigene Nachwuchs Täter, Opfer oder schweigender Mitläufer wird, sollten Eltern mit Ihren Kindern deshalb frühzeitig über Mobbing sprechen.

Doch wo hört eine harmlose Rangelei auf und wo fängt Mobbing an? „Von Mobbing spricht man, wenn eine Person über einen längeren Zeitraum von einem oder mehreren anderen angegriffen, verletzt, schikaniert, gemieden oder lächerlich gemacht wird“, definiert der schwedische Psychologe und Pionier der Mobbing-Forschung Dan Olweus in seinem Buch „Gewalt in der Schule. Was Lehrer und Eltern wissen sollten – und tun können.“

Die Folgen von Mobbing im Netz und im realen Leben können dramatisch sein. Die Opfer verlieren ihr Selbstwertgefühl, leiden unter Angstzuständen, Depressionen, Schlaf- oder Essstörungen. Manche nehmen sich sogar das Leben.

Macht und Ohnmacht

Wer zum Opfer wird, bestimmt häufig der Zufall. Kinder werden gemobbt, weil sie neu in der Klasse, dick, dünn, schüchtern oder einfach anders sind.

Auch den typischen Täter scheint es nicht zu geben. Oft handelt es sich allerdings um Kinder, die gerne im Mittelpunkt stehen und sich durch ihre Taten Aufmerksamkeit erhoffen. In den meisten Fällen schart ein Haupttäter mehrere Mittäter um sich. Andere werden zu Mitläufern, die Mehrheit schweigt und schaut weg.

In einer ersten Phase testet der Täter die Reaktion des Opfers und des Umfelds aus. Gelingt es dem Kind nicht, sich zu wehren, und erntet der Mobber vielleicht sogar Anerkennung, entsteht schnell eine Spirale der Gewalt. In der Klasse gilt es dann bald als normal, das Opfer zu quälen. Und wer in der Klassenhierarchie aufsteigen will, macht mit.

Im Grundschulalter kommt es überwiegend zu verbaler und körperlicher Gewalt, später verlagert sich das Mobbing zusätzlich ins Internet. Diffamierende Nachrichten, Videos, gefälschte Bilder oder Lästereien verbreiten sich rasant und erreichen ein großes Publikum.

Innerhalb der sozialen Medien sinkt zudem die Hemmschwelle der Täter: Es gibt niemanden, der die Veröffentlichung eines Mobbing-Beitrags verhindert. Und die Täter rechnen nicht mit juristischen Konsequenzen. Einmal veröffentlicht, tauchen die für das Opfer peinlichen Bilder oder Videos immer wieder auf – und lassen sich nur schwer löschen.

Mobbing verschafft dem Täter eine Machtposition und stärkt seine Rolle innerhalb der Gruppe. Dies funktioniert allerdings nur, wenn sein Verhalten von Mittätern unterstützt und von der Mehrheit geduldet wird.

Schlimmstenfalls Suizidgefahr

Mobbingopfer können sich in der Regel nicht selbst helfen und brauchen Unterstützung von Erwachsenen. Das Problem: Oft vertrauen sie sich niemandem an.

Deshalb ist es für Eltern wichtig, auf Warnsignale zu achten. Das können nicht erklärbare blaue Flecken sein sowie zerstörte oder verschwundene Sachen. Eltern, Erzieher und Bezugspersonen sollten auch aufmerksam werden, wenn ein Kind nicht mehr eingeladen wird, sich zurückzieht oder nicht zur Schule gehen will.

Mobbingopfer

  • wollen nicht mehr in die Schule gehen.
  • erfinden Ausreden.
  • erzählen nicht mehr von ihrem Tag.
  • sinken in ihren Leistungen ab.
  • haben oft Bauch- oder Kopfschmerzen.
  • sind still und ziehen sich zurück.

Wenn mehrere dieser Merkmale auf Ihr Kind zutreffen, wird es wahrscheinlich gemobbt. Dann sollten sie signalisieren: Ich bin für dich da. Eltern sollten also ihr Kind ermutigen, offen über seine Gefühle und Probleme zu sprechen. Und sie sollten ihrem Kind klar machen, dass es keine Mitschuld an den Mobbing-Attacken trägt.

Manche Mobbingopfer werden regelrecht in den Selbstmord getrieben. Erste Warnzeichen für Suizidgedanken sind Rückzug von sozialen Kontakten, selbst­ver­let­zen­des Verhalten oder Ess­stö­rungen.

Gemeinsam handeln

Hat sich der Verdacht auf Mobbing bestätigt, sollten Eltern ihr Kind unterstützen. Wichtig ist, gemeinsam zu planen und nichts über den Kopf des Kindes hinweg zu unternehmen.

  • In einem frühen Stadium kann es ausreichen, bestimmte Situationen zu üben: So lassen sich selbstbewusste Antworten auf Hänseleien überlegen oder besprechen, wen das Kind um Hilfe bitten könnte.
  • Führen Sie Protokoll über Mobbing-Situationen und halten Sie Cyber-Mobbing in Form von Screenshots fest. Dies sind wichtige Beweismittel.
  • Bei Mobbing in der Schule sollten Eltern auch die Schule informieren. Erste Ansprechpartner sind Klassenlehrer, Schulleiter oder Schulpsychologen. Diese können mit den Schülern über die Situation sprechen oder in der Klasse einen gewaltfreien Verhaltenskodex vereinbaren.
  • Sind alle Mittel ausgeschöpft, können Eltern über eine Anzeige nachdenken. So erfahren Täter, dass Körperverletzung und Verleumdung strafbar sind.
Bild: Christian Schwier/Fotolia