Die Welt ist bunt

Farben und Psyche

Farben lösen Emotionen aus: Prüfen Sie, welche Effekte auch auf Sie wirken.

In Kürze
Scharfer Blick
Mit gesundem Augenlicht kann der Mensch bis zu 10 Millionen Farben unterscheiden.
Nicht angeboren
Eigene Erfahrungen und kulturelle Einflüsse prägen unsere Bewertung von Farben.
Es kommt immer darauf an
Ob eine Farbe als positiv oder negativ bewertet wird, hängt stark vom Kontext ab: Blaues Essen wirkt beispielsweise abstoßend, ein blauer Himmel dagegen aufbauend.
Farben beeinflussen unsere Gefühle im Positiven und im Negativen.
Direkte Effekte
Farben beeinflussen unsere Gefühle im Positiven und im Negativen.
Farben beeinflussen unsere Psyche und lösen Emotionen aus. Erfahren Sie, was Babys anzieht, und warum wir manche Farben mit zunehmendem Alter anders bewerten. Prüfen Sie selbst, welche häufigen Effekte auch auf Sie wirken.
Farbpsychologie

Von Geburt an machen wir täglich positive und negative Erfahrungen in unserer Umwelt. Diese Erlebnisse sowie kulturelle Einflüsse prägen unsere Bewertung bestimmter Farben. Dabei hängt es stark davon ab, ob ein Gegenstand, Umwelt oder Nahrung die betreffende Farbe trägt.

Dies geht soweit, dass die Wirkung einzelner Farb-Objekt-Kombinationen äußerst subjektiv ist und sich mit dem Alter ändern kann. Angeborene Präferenzen für Farben werden dabei abgelegt. Beispielsweise lieben Babys grünlich braune Töne. Jugendliche und Erwachsene finden derartige Farben meist abstoßend, da sie an Fäkalien und verrottende Vegetation erinnern.

Abhängig vom kulturellen Hintergrund sind bestimmte Farbassoziationen in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet. Dementsprechend spielt die Farbpsychologie eine wichtige Rolle in der Werbung.

Lebensfreude oder Warnung

Die gelbe Sonne bringt Licht, Leben und Wärme. Reifes Getreide wiegt goldgelb in der Herbstsonne, und gelbe Früchte versprechen süße Aromen. Entsprechend positiv ist auch die Farbe Gelb bei Kleidung besetzt, und zwar mit kindlicher Heiterkeit und Lebensfreude.

Gelb kann aber auch negative Gefühle auslösen. Beispielsweise alarmieren uns schwarz-gelbe Insekten, wenn wir einmal gestochen wurden.

Der alte Ausspruch „Gelb vor Neid“ stammt aus dem Mittelalter. Damals stand Gelb für Bosheit, Tod und Neid – vermutlich, weil alte und kranke Menschen eine blassgelbe Hautfarbe haben.

Gelb steht für:

  • Heiterkeit
  • Lebensfreude
  • Gefahr
  • Bosheit und Neid

Belebend und entspannend

Als dominierende Farbe bei Pflanzen steht Grün für Leben und Erneuerung. Wer aus dem Bürofenster auf grüne Wiesen und Wälder blicken kann, ist zufriedener und glücklicher als wenn er nur auf graue Gemäuer blickt. Des Weiteren wirken blassgrüne Töne entspannend.

Tipp: Wickeln Sie sich in eine hellgrüne Decke, um abends auszuspannen.

Doch die Farbe Grün erfüllt auch eine Warnfunktion: Bei Früchten signalisiert uns das Grün, dass die Frucht noch unreif und wohl ungenießbar ist.

Leidenschaft und Aggression

Die Farbe Rot weckt vielfältige positive Assoziationen. Wie Gelb und Orange vermittelt sie Wärme. Rote Rosen stehen für Liebe und Leidenschaft. Männer und Frauen, die sich in Rot kleiden, wirken für das andere Geschlecht attraktiver. Und rote Lippen sind Erotik pur.

Andererseits steht Rot auch für Gefahr und Aggression. So regt Rot auch zu mehr körperlicher Aktivität an. Laut einer Studie der Universität von Durham kann ein rotes Trikot sogar den Ausschlag geben, einen gleichstarken Sportler in einem Wettbewerb zu bezwingen.

Übrigens: „Rot sehen“ steht nicht nur im Deutschen für „wütend werden“. Sprich­wört­lich ist das rote Tuch, das Aggres­sio­nen auslöst. Beim Stierkampf reizt aber nicht die Farbe, sondern die Bewegung den Bullen: Kühe können kein Rot sehen.

Weit, offen und seriös

Der Himmel und Gewässer dominieren mit ihren Blautönen unsere Umwelt. Blau vermittelt Weite, Offenheit und Kühle. Sanfte Blautöne wirken beruhigend. Zudem wird Blau mit Vertrauen und Sicherheit assoziiert. Deshalb verwenden viele Versicherungen und Banken Blau als Unternehmensfarbe.

Bei blau gefärbtem Essen vergeht den meisten jedoch der Appetit: Die Farbe erinnert schlicht an Schimmel auf verdorbenen Lebensmitteln. Die Ausnahme machen blaue Trauben und Beeren. Ihr tiefes Blau verlockt nicht nur Vögel, die Früchte zu fressen und so die Pflanzensamen zu verbreiten.

„Nichtfarbe“ Grau

Frauen wollen am liebsten in Weiß heiraten, steht die Farbe doch für Reinheit und Ehrlichkeit. Rein weiße Räume wirken jedoch kühl und steril. Geht es um Medizin und Hygiene, dann erwarten wir Ärzte in weißen Kitteln und weiße Behandlungsräume.

Schwarz gilt in unseren Breiten die Farbe der Trauer. Abseits dessen strahlen dunkelgraue oder schwarze Herrenanzüge Seriosität aus. Das kleine Schwarze wirkt bei Frauen edel und anziehend.

Grau hat als unbunte Farbe in reiner Mischung aus Schwarz und Weiß keinen Farbstich. Begriffe wie „graue Maus“ oder „Grau­zone“ zeigen, dass Grau als langweilig, unauffällig, un­ent­schlos­sen und nichts­sagend gilt.

Wussten Sie schon?
  • In buddhistisch geprägten Ländern gilt Weiß als die Farbe der Trauer.
  • Unsere polnischen Nachbarn assoziieren Neid und Missgunst mit der Farbe Violett anstatt Gelb.
  • Glaubt man dem britischen Papierspezialisten GF Smith, so beansprucht Marrs Green den Titel „Beliebteste Farbe“. Die harmonische Mischung aus Blau, Grün und Rot ähnelt dem Farbton Petrol.
  • Die hässlichste Farbe der Welt heißt Pantone 448C. Das gallige Braun stieß in Marktforschungsstudien auf die größte Ablehnung und wird mit Tod und Dreck assoziiert. Pantone 448C ist unter anderem in Australien und Großbritannien als Einheitsfarbe für Zigarettenpackungen vorgeschrieben und soll den Einstieg ins Rauchen vergällen.
  • Seit 2017 macht die Farbe Baker-Miller-Pink wieder von sich reden, weil sie den Appetit zügeln und beruhigen soll. Models wie Kendall Jenner schwören darauf. Die Erkenntnis stammt jedoch aus einer US-Studie an Militärhäftlingen in den 60er Jahren. Dass in einer pinken Gefängniszelle der Appetit vergeht, klingt plausibel. Mit dem pinken Anstrich stieg in anderen Gefängnissen die Gewaltrate jedoch an, weshalb die Farbwirkung bis heute als umstritten gilt.
  • Das schillerndste Blau der Natur findet sich nicht auf Schmetterlingsflügeln oder Vogelfedern, sondern auf den Beeren der afrikanischen Pollia-Pflanze: In der Zellwand der Beeren brechen und reflektieren winzige, in mehreren Schichten angeordnete Zellulosefasern das Licht auf einzigartige Weise – so sind die Früchte selbst im Dunkel des Dschungels gut erkennbar für Vögel.
  • Das schwärzeste Schwarz der Welt verdankt seine Existenz moderner Nanotechnologie: Das von der britischen Firma Surrey Nanosystems ursprünglich für wissenschaftliche Instrumente entwickelte „Vantablack“ besteht aus Nano-Kohlenstoffröhrchen, die bis zu 99,7 % des auf sie strahlenden Lichts schlucken. Damit behandelte dreidimensionale Objekte erscheinen einem Betrachter als einheitliche glatte Schwarzfläche.
Bilder: Farben - Kateryna Moskalenko/Shutterstock; Wunder Sehen - vicu9; Fotolia; Giftpflanzen - PhotoSG/Fotolia; Küssen - solominviktor/Shutterstock