Was ist krankhafte Angst?

Angststörungen

Wie erkennt man eine Angststörung? Krankhafte Angst kann neben organischen auch seelische Ursachen haben. Hier finden Sie Fakten rund um Phobien und Therapiemöglichkeiten. 

In Kürze
Alarmzustand
Angst versetzt den Körper in einen Alarmzustand: Das Herz schlägt schneller. Der Blutdruck steigt. Die Muskeln sind angespannt. Der Atem beschleunigt sich. Augen und Ohren reagieren empfindlicher.
Organische Ursachen
Angstattacken ohne erkennbare Bedrohung haben häufig or­ga­ni­sche Ursachen, u. a. Asthma bronchiale, Schild­drü­sen­stö­run­gen, Herzkrankheiten oder hirn­or­ga­nische Erkrankungen.
Seelische Ursachen
Risikofaktoren, die die Entstehung einer Angststörung mit seelischer Ursache begünstigen: traumatische Erlebnisse, anerzogenes Verhalten oder Konditionierung.
Angst wird problematisch, wenn sie in übersteigerter Form auftritt und den Alltag  einschränkt.
Übersteigerte Form
Angst wird problematisch, wenn sie in übersteigerter Form auftritt und den Alltag  einschränkt.
Angst ist eine normale Gefühlsregung, die maßgeblich unser Handeln beeinflusst. Sie wird jedoch problematisch, wenn sie in übersteigerter Form auftritt und den Alltag der Betroffenen einschränkt. In derartigen Fällen spricht man von Angststörungen.
Alarmzustand

Angst hilft uns Gefahren einzuschätzen und verhindert, dass wir uns schutzlos in gefährliche Situationen begeben. Richtet sich das Angstgefühl auf eine konkrete Bedrohung, sprechen Psychologen von Furcht oder Realangst.

Angst oder Furcht versetzt den Körper in einen Alarmzustand: Das Herz schlägt schneller. Der Blutdruck steigt. Die Muskeln zittern vor Anspannung. Der Atem beschleunigt sich. Angstschweiß tritt aus den Poren. Die Augen und Ohren reagieren empfindlicher. Die Magen-Darm-Tätigkeit verlangsamt sich.

In diesem Zustand konzentrieren sich Geist und Körper vollkommen darauf, die eigene Unversehrtheit zu schützen – sei es durch Flucht oder notfalls durch Kampf.

Da gesteigerte Angstgefühle einen enormen Stress darstellen, begeben wir uns meist ungern in bedrohliche Situationen.

Kriterien für krankhafte Angst

Übersteigerte und irrationale Angst können die alltägliche Lebensführung beeinträchtigen und einen hohen Leidensdruck erzeugen. Das Lehrbuch „Psychiatrie“ (Faust, 1995) nennt unter anderem folgende Kriterien für krankhafte Angst:

  • unangemessene Angstreaktion gegenüber der Bedrohungsquelle
  • lang anhaltende Angstreaktion, auch nach „Entschärfung“ der Bedrohungsquelle
  • abnorme Angstbewältigung
  • subjektive und körperliche Beeinträchtigung
  • mögliche oder tatsächliche Bedrohungen werden in ihrer Gefährlichkeit überschätzt
  • Angstgefühle treten ohne konkrete Gefahr und Bedrohungswahrnehmung auf, z. B. bei Panikattacken
  • In schweren Fällen dehnen die Betroffenen ihre Vermeidungshaltungen immer weiter aus, bis die Angstabwehr den gesamten Alltag bestimmt.

Im Gegensatz dazu gibt es auch ein gestörtes Angstempfinden bis hin zur Furchtlosigkeit.

Angst als Symptom: Angstattacken ohne erkennbare Bedrohung haben häufig or­ga­ni­sche Ursachen, u. a. Asthma bronchiale, Schild­drü­sen­stö­run­gen, Herzkrankheiten oder hirn­or­ga­nische Erkrankungen (z. B. Alzheimer). Betroffene sollten ihren Hausarzt konsultieren.

Seelische Faktoren

Angststörungen können neben organischen auch seelische Ursachen haben. Psychologen und Psychiater favorisieren jedoch unterschiedliche Erklärungsmodelle für Angststörungen.

Zumindest lassen sich einige Risikofaktoren nennen, die die Entstehung einer Angststörung begünstigen:

  • traumatische Erlebnisse
  • anerzogenes Verhalten
  • Konditionierung, z. B. wiederholt schlechte Erfahrungen bei Flugreisen, die erst zu einer Abneigung gegen das Fliegen und schließlich zu einer generellen Flugangst führen
  • genetische Faktoren (Vererbung), wobei weibliche Angehörige von Betroffenen doppelt so häufig an Angststörungen erkranken wie männliche
Heilungschancen

Je früher eine Angststörung behandelt wird, umso größer ist die Heilungschance. Dem Therapeuten stehen hier mehrere Behandlungsmethoden zur Verfügung. Meist hilft den Betroffenen eine sogenannte Verhaltenstherapie, in der der Betroffene lernt, die für ihn bedrohliche Situation neu zu bewerten.

Bleiben die psychotherapeutische Maßnahmen ohne Wirkung, kommen gegebenenfalls zusätzlich Psychopharmaka zum Einsatz.

Fakten

Die Bundesgesundheits-Survey im Jahre 1998 brachte erstmals Licht in die Verbreitung von Angststörungen innerhalb Deutschlands. Demnach litten etwa 14 Prozent der deutschen Bevölkerung in einem Zeitraum von einem Jahr an einer behandlungsbedürftigen (klinisch relevanten) Angststörung. Bei rund 60 Prozent der Betroffenen machte sich die Angststörung bereits vor dem 21. Lebensjahr bemerkbar. Zudem entwickeln Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer an Angststörungen.

Am häufigsten verbreitet sind die generalisierte Angststörung, die Agoraphobie und die soziale Phobie.

Spezifische Phobie: Darunter verstehen Mediziner eine dauerhafte, intensive und unangemessene Furcht vor und Vermeidung von bestimmten Objekten und Situationen.

Begriffserklärungen

Soziale Phobie

Die Betroffenen fürchten sich vor allen sozialen Situationen, in denen sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen oder sich blamieren könnten. Meist ist ihnen bewusst, dass ihre Angst übertrieben ist. Dennoch sind sie in angstauslösenden Situationen überfordert und ziehen es vor, diese zu meiden. Häufig haben die Betroffenen auch ein geringes Selbstwertgefühl.

In Angstsituationen zeigen sich meist folgende Symptome: Erröten, Vermeidung von Blickkontakt, Händezittern, Übelkeit und Harndrang.

Panikstörung

Bei dieser Erkrankung leiden die Betroffenen unter plötzlich auftretender intensiver Angst, die nicht durch eine bestimmte Situation ausgelöst wird. Bei den sogenannten Panikattacken steigert sich die Angst binnen weniger Minuten zu einem Höhepunkt und kann Minuten bis einige Stunden anhalten.

Hinzu kommen körperliche Symptome wie Herzrasen, Atemnot und Zittern. Häufig entwickeln die Erkrankten zusätzlich eine Erwartungsangst vor der nächsten Panikattacke.

Agoraphobie

Hier fürchten sich Betroffene vor Plätzen und Situationen, aus denen sie nicht flüchten können, in denen sie sich ausgeliefert fühlen. Typischerweise sind dies öffentliche Plätze, Menschenmengen, Zugfahrten und weites Entfernen von zu Hause.

In schweren Fällen verlassen die Betroffenen nicht mehr ihre Wohnung.

Generalisierte Angststörung

Hier leben die Betroffenen in ständiger Sorge oder Angst, bezogen auf alle Aspekte ihres Alltags. Mit der Zeit entwickeln die Betroffenen ein krankheitstypisches Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten. Typische Symptome sind: Ruhelosigkeit, leichte Ermüdbarkeit, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit, Muskelanspannung und Schlafstörungen.

Halten Angst oder übermäßige Sorge gegenüber mehreren alltäglichen Situationen mehr als sechs Monate an, sprechen Psychiater von einer generalisierten Angststörung.

Bild: PhatDoc/Shutterstock