Wie müssen Lebensmittel gekennzeichnet sein?

Nährwertangaben entziffern

Zutatenlisten und Nährwertinformationen sollen Verbrauchern vor Augen führen, was in Lebensmitteln enthalten ist. Doch selbst die Lebensmittel-Informationsverordnung hat ihre Grenzen.

In Kürze
Lebensmittelkennzeichnung ist Pflicht
Alle Pflichtangaben müssen gut sichtbar und gut lesbar auf der Verpackung angebracht werden. Sie dürfen nicht durch andere Gestaltungselemente verdeckt oder unterbrochen werden.
LMIV
Die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) ist mit entsprechenden Vorschriften für alle EU-Staaten bereits Ende 2014 in Kraft getreten.
Mindesthaltbarkeitsdatum
Verpackte Lebensmittel müssen ein Mindesthaltbarkeitsdatum bzw. in mikrobiologischer Hinsicht besonders leicht verderbliche Lebensmittel wie Hackfleisch ein Verbrauchsdatum tragen.
Kaffee belebt nicht nur Morgenmuffel – und ist sogar gesundheitsfördernd.
Was steckt drin?
Kaffee belebt nicht nur Morgenmuffel – und ist sogar gesundheitsfördernd.
Zutatenlisten und Nährwertinformationen sollen Verbrauchern genau zeigen, was in Lebensmitteln enthalten ist. Seit Ende 2011 fasst die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) die entsprechenden Vorschriften für alle EU-Staaten einheitlich zusammen. Sie ist bereits Ende 2014 in Kraft getreten und bis zum 13. Dezember 2016 mussten alle Vorgaben umgesetzt sein.
Nährwerttabelle gibt Auskunft

Die von der LMIV geforderten Angaben geben dem Käufer einen präzisen Überblick über ein Lebensmittel – wenn er sie zu deuten weiß. Künftig beschränken sich die Vorschriften nicht auf verpackte Lebensmittel, sondern erfassen auch Lebensmittel im offenen Verkauf, etwa in Bäckereien oder Restaurants.

Wichtigste Neuerung unter mehreren ist die Nährwerttabelle. Sie ist bislang nur Pflicht, wenn besondere Eigenschaften wie „fettarm“ beworben werden oder es sich um ein diätetisches Lebensmittel handelt. Seit Dezember 2016 allgemein vorgeschrieben, findet sie sich heute auf vielen Verpackungen. Sie listet

  • den Brennwert in kcal und kJ sowie die Gehalte an
  • Fett,
  • gesättigten Fettsäuren,
  • Zucker und
  • Salz auf.

Vorgeschrieben ist dabei die Angabe dieser Werte immer für 100 g oder 100 ml des jeweiligen Lebensmittels. Zusätzlich gestattet ist die Angabe von Referenzmengen pro Portion.

Haltbar bis ... Verpackte Lebensmittel müssen ein Mindesthaltbarkeitsdatum bzw. in mikrobiologischer Hinsicht besonders leicht verderbliche Lebensmittel wie Hackfleisch ein Verbrauchsdatum tragen.

Ernährungsempfehlung

Referenzmengen helfen basierend auf allgemeinen Ernährungsempfehlungen beim Zusammenstellen der täglichen Ernährung. Die LMIV greift für ihre Referenzmengen auf durchschnittliche tägliche Kalorienaufnahme von 2.000 kcal bzw. 8.400 kJ für eine erwachsene Frau zurück, wie sie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt. Davon sind die Referenzmengen für die Nährstoffe abgeleitet.

Referenzmengen für die Zufuhr von Energie und ausgewählten Nährstoffen

Energie oder Nährstoff: Referenzmenge

  • Energie: 8.400 kJ/2.000 kcal
  • Fett gesamt: 70 g 
  • davon gesättigte Fettsäuren: 20 g
  • Kohlenhydrate gesamt: 260 g
  • Zucker: 90 g
  • Eiweiß: 50 g
  • Salz: 6 g

Die Nährwertangaben pro Portion zeigen dann jeweils, wieviel Prozent der Tagesmenge man mit einer Portion des Lebensmittels zu sich nimmt.

Unbestimmte Größe

Die Angabe pro Einheit macht unterschiedliche Lebensmittel einfacher vergleichbar. Die Angabe pro Portion erscheint lebensnäher – hat jedoch einen Haken, denn „Portion“ ist eine recht unbestimmte Größe. In der Theorie ist sie die Menge eines Lebensmittels oder Getränks, die jemand bei einer Mahlzeit zu sich nimmt. Wie groß die Portion ausfällt, bestimmt allerdings der Hersteller. So lassen sich durch unrealistisch kleine Portionen ernährungsphysiologisch schlechte Werte schönen.

Ein Beispiel sind Kartoffelchips: Hier werden meist Portionsgrößen von 25–30 g angegeben – und damit hat der Esser schon 15 % der täglich empfohlenen Fettmenge aufgenommen. Eine solche Portion sind gerade einmal zehn geriffelte oder 15 reguläre Chips. Wohl dem, der sich so weit unter Kontrolle hat, dass er es dabei belässt, zumal solche Knabbereien hinsichtlich Geschmack, Mundgefühl und Knuspergeräusch so designt sind, dass der Wunsch nach mehr kaum zu unterdrücken ist.

Auch die ebenfalls zulässige Angabe der Nährwerte pro „Verzehreinheit“ beruhigt häufig das Gewissen. Denn im Zweifelsfall ist damit eine Scheibe Wurst oder Käse gemeint, die sich auf dem Brot doch eher einsam fühlt.

Nährwertangaben pro Portion dürfen prominent auf der Vorderseite der Packung aufgedruckt werden, auch in Form der mittlerweile weit verbreiteten „Tönnchen“ für die einzelnen Werte. Der Brennwert muss dann dennoch zusätzlich pro 100 mg/100 ml darunter angegeben werden. In Nährwerttabellen sind ausschließliche Angaben pro Portion nicht erlaubt.

Einheit oder Portion? Verbraucher bevorzugen eher Angaben, die sich auf 100 g oder 100 ml beziehen als auf eine Portion: Bei einer aktuellen Umfrage favorisierten 47 % die Angaben pro Einheit, 33 % die Angaben pro Portion. 19 % war die Bezugsgröße egal.

Alle Pflichtangaben

Mindestschriftgröße

Alle Pflichtangaben müssen gut sichtbar und gut lesbar auf der Verpackung angebracht werden. Sie dürfen nicht durch andere Gestaltungselemente verdeckt oder unterbrochen werden.

Dabei ist die Mindestschriftgröße durch die LMIV auf 1,2 mm – bezogen auf das kleine „x“ – festgelegt. Nur bei Verpackungen, deren größte Oberfläche kleiner als die Hälfte einer Postkarte ist, ist eine Schriftgröße von mindestens 0,9 mm erlaubt.

Allergene

Das Zutatenverzeichnis muss die 14 wichtigsten Stoffe, die Allergien oder Lebensmittelunverträglichkeiten auslösen können, aufführen. Dabei müssen diese Angaben sich in ihrer Gestaltung deutlich von den übrigen Zutaten abheben. Auch bei unverpackter Ware – etwa an der Bedienungstheke oder im Restaurant – sind diese Informationen nun Pflicht. Anzugeben sind, auch wenn sie nur in geringsten Mengen enthalten sind:

  • Glutenhaltige Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Kamut oder Hybridstämme davon) und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Krebstiere und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Eier und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Fisch und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Erdnüsse und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Soja und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Milch und daraus hergestellte Erzeugnisse (einschließlich Lactose)
  • Schalenfrüchte (Mandel, Haselnuss, Walnuss, Kaschunuss, Pecanuss, Paranusss, Pistazie, Macadamianuss und Queenslandnuss) und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Sellerie und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Senf und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Sesamsamen und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Schwefeldioxid und Sulfit in einer Konzentration von mehr als 10 mg/kg.
  • Lupinen und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Weichtiere und daraus hergestellte Erzeugnisse

Herkunft

Bereits seit April 2015 muss unverarbeitetes und vorverpacktes Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch mit Aufzucht- und Schlachtort des Tieres gekennzeichnet werden.

Grundsätzlich muss bei Lebensmitteln das Ursprungsland oder der Herkunftsort angegeben werden, wenn der Verbraucher durch die übrige Aufmachung der Verpackung eine andere Herkunft vermuten könnte.

Nährwerte

Ab dem 13. Dezember 2016 muss die Nährwerttabelle auf allen verpackten Lebensmitteln angebracht sein. Ihr Inhalt und ihre Darstellungsform sind in der LMIV detailliert geregelt. So müssen die Nährstoffgehalte immer bezogen auf 100 g oder 100 ml angegeben werden, damit sich unterschiedliche Lebensmittel vergleichen lassen. Eine Angabe pro Portion oder Verzehreinheit ist nur zusätzlich erlaubt.

Immer angegeben werden müssen die enthaltenen Mengen der „Big 7“ Energie, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salz. Wird damit geworben, müssen auch die Mengen an Vitaminen oder Ballaststoffen genannt werden.

Lebensmittel-Imitate

Werden Lebensmittel-Imitate wie „Analogkäse“ aus Pflanzenfett eingesetzt, muss darauf hingewiesen werden. Vorgeschrieben ist eine Nennung des Imitats in unmittelbarer Nähe des Produktnamens, wobei die Schriftgröße mindestens 75 Prozent der des Produktnamens entsprechen muss. Außerdem muss das Imitat im Zutatenverzeichnis erscheinen.

Raffinierte pflanzliche Öle und Fette

Früher durften raffinierte pflanzliche Öle und Fette mit Klassennamen wie „Pflanzenöl“ auf der Zutatenliste erscheinen. Nun müssen sie gemäß ihrer Herkunft bezeichnet werden, z. B. als „Pflanzenfett (Kokos)“ oder „Sojaöl“. Die Inhaltsangaben „pflanzliche Fette“ und „pflanzliche Öle“ müssen jeweils aufgeschlüsselt werden. Gehärtete Öle oder Fette sind mit den Ausdrücken „ganz gehärtet“ oder „teilweise gehärtet“ zu beschreiben.

Zusammengefügte Fleisch- oder Fischstücke

Produkte wie Formvorderschinken oder Surimi sind nicht das, wonach sie auf den ersten Blick aussehen. Um dies Verbrauchern zu verdeutlichen, ist in solchen Fällen der Hinweis „Aus Fleischstücken zusammengefügt“ oder „Aus Fischstücken zusammengefügt“ vorgeschrieben.

Einfrierdatum

Bei eingefrorenem Fleisch, eingefrorenen Fleischzubereitungen und eingefrorenen unverarbeiteten Fischereierzeugnissen muss das Einfrierdatum angegeben werden.

Koffeinhaltige Lebensmittel

Getränke mit erhöhtem Koffeingehalt wie Energydrinks müssen einen Hinweis tragen, dass sie nicht für Kinder, Schwangere und Stillende empfohlen sind. Gleiches gilt für koffeinhaltige Lebensmittel, die keine Getränke sind, z. B. Fliegerschokolade. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind nur Tee und Kaffee.

Nanokennzeichnung

Alle Zutaten in Form technisch hergestellter Nanomaterialien müssen mit dem Zusatz „(Nano)“ im Zutatenverzeichnis auftauchen.

Internet-Handel

In Online-Shops müssen für vorverpackte Lebensmittel alle Pflichtangaben außer Mindesthaltbarkeit und Verbrauchsdatum bereits vor dem Kauf abrufbar sein.

Physikalischer Zustand

Hinweise auf den physikalischen Zustand oder besondere Behandlungen wie „pulverisiert“, „gefriergetrocknet“, „konzentriert“ oder „geräuchert“ sind vorgeschrieben, wenn Verbraucher ohne diese Angaben über den Zustand des Produkts irregeführt würden.

Auftauhinweis

Wurden Lebensmittel vor dem Verkauf tiefgefroren, für den Verkauf aber wieder aufgetaut, muss die Angabe „aufgetaut“ zur Beschreibung zugefügt werden. Dies gilt nicht für

  • im Endprodukt enthaltene Zutaten,
  • Lebensmittel, bei denen das Einfrieren bei der Herstellung technisch notwendig ist und
  • Lebensmittel, bei denen sich das Auftauen nicht negativ auf Sicherheit oder Qualität auswirkt.

Gebrauchsanleitung

Eine verständlich formulierte Gebrauchsanleitung ist Pflicht, wenn das Lebensmittel ohne sie nur schwer angemessen zu verwenden wäre.
Vorschriften in der Kritik

Verbraucherverbände begrüßen die neuen Vorschriften. Allerdings gehen diese ihnen in einigen Punkten nicht weit genug oder lassen ihrer Ansicht nach Herstellern noch Schlupflöcher offen. Bemängelt wird etwa, dass bei Lebensmittelimitaten zwar das Imitat namentlich genannt werden muss – daraus jedoch nicht unbedingt hervorgeht, dass es eine andere Zutat nachahmt. Ebenso auf der Negativseite stehen die Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht wie für Getränke ab einem Alkoholgehalt von 1,2 Prozent oder für lose Ware.

Darüber hinaus halten die Kritiker die neue Mindestschriftgröße für die Zutatenliste immer noch für zu klein. Doch nicht nur daran scheitert nach Ansicht vieler Verbraucherschützer das schnelle Erfassen der Nährwertangaben: Sie favorisieren die „Lebensmittelampel“, die hohe, mittlere und niedrige Gehalte an Fett, Zucker & Co. auf einen Blick zeigen könnte. Mit diesem Wunsch konnten sie sich nicht durchsetzen.

Bilder: Nährwertangaben - industrieblick/Fotolia; Versteckter Zucker - Halfpoint/Fotolia